Pferde eindecken - Ja? Nein? Vielleicht?
Ein Thema das jedes Jahr wieder aufflammt und auch da gibt es häufig die eine Fraktion, die bei jedem Regentröpfchen ihr Pferd Wort wörtlich in Watte einpacken. Je dicker desto besser und machen sich regelrecht zu einem Sklaven der Decke. Und dann gibt es die andere Fraktion: Die Robusten. Da wird dem klatschnassen Pferd nach dem Reiten keine Abschwitzdecke drauf gelegt und nicht mal abgebürstet, damit das verklebte Fell wieder aufgestellt werden kann. Ganz nach dem Motto: Die Natur regelt das schon … ooookay 🤨
Aber woran merkst du denn genau, ob dein Pferde eine Decke braucht und auf welche weiteren Anzeichen du noch achten kannst? 🔍
Es gibt aber ein paar ganz klares Anzeichen, wenn du deinem Pferd Wärme per Decke zuführen musst:
Zittern 🥶
Wenn ein Pferd zittert - egal wie warm oder kalt - ist das ein Alarmzeichen und du musst eine Decke drauf legen❗️ (wenn du nicht grad ein Solarium zur Hand hast 😜) Es ist absolut fahrlässig, dien Pferd Zittern zu lassen! Manchmal reicht es auch schon, wenn du es aus dem Regen stellst oder im trockenen Sand wälzen lässt.
Niedrige Körpertemperatur 🌡️
Hierfür solltet ihr die durchschnittliche Körpertemperatur eures Pferds kennen. Das ist ein ganz individueller Wert, den ihr für jedes Pferd selbst ermitteln müsst. Dafür misst ihr mind. 7 Tage lang die Temperatur und nehmt den Mittelwert.
Seid ihr euch nun nicht sicher, ob eurem Pferd kalt ist oder nicht, könnt ihr euch an einem Ampelsystem orientieren🚦: Dafür misst ihr einfach die Körpertemperatur. Abweichungen von +/- 0,4°C sind völlig in Ordnung. Aber ab -0,5 °C ist Vorsicht geboten und spätestens bei -0,6 °C wird der Zustand kritisch. Dann muss Wärme hinzugeführt werden.
Dann gibt es noch weitere körperliche Anzeichen, wie z.B.
Berührungsempflindlichkeit & Klammes gehen⚡️
Meist ist es ein Symptom für Muskelschmerzen. Bei MIM und PPSM1 Pferde kommt das durch die Stoffwechselstörung und zeigt sich als an der Brust, Lende aber ich am gesamten Körper. Das Pferd verkrampft sich und beißt sogar deine Hand weg. Der bekannte „empfindliche Rücken“ sieht man jedoch auch bei vielen anderen Pferden. Das ist ein ganz klares Anzeichen für Überbelastung durch falsches Training, zu viel Reiten und/oder unpassenden Sattel.
Und dann gibt es noch das:
Mentales Wohlbefinden 🧘🏼♀️
Das zeigt sich eher in diffusen Anzeichen, die nicht immer klar zu benennen sind. Beispielsweise Schreckhaftigkeit. Denn Kälte kann die mentale Grundspannung und somit Alarmbreitschaft erhöhen. Dadurch kann plötzlich jede Kleinigkeit für dein Pferd zu viel sein. Dein Pferd kann aber auch in sich gekehrt oder einfach schlecht gelaunt sein. Jeder kennt wohl den genervten Gesichtsausdruck, wenn der regen ins Gesicht peitscht. Manche Pferde finden das einfach eklig und wenn sie die Wahl haben, verkriechen sie sich im Stall.
Wenn dein Pferd dann mit Decke und Halsteil plötzlich gut gelaunt draußen steht, dann ist das ein klares Anzeichen.
Du weißt also nun, wann du wirklich Eindecken musst und wann du es kannst 💪🏻
Wenn du dich nun für’s Eindecken entscheidest, woran erkennst du, wann welche Decke bei welcher Temperatur sinnvoll ist?
Die Antwort ist einfach! Die Umsetzung nicht immer, denn:
Es kommt drauf an! - Und zwar auf DEIN PFERD! 🐴
Es entscheidet, welches Modelle, welche Dicke und mit oder ohne Halsteil! Du musst nur sehr genau beobachten und auf dein Bauchgefühl hören.
Jedes Pferd hat ein eigenes Temperaturempfinden und seine eigene Wohlfühltemperatur 😌 Der eine findet „nur“ Regel eklig, der andere den Wind und manche haben so dichtes und langes Winterfell unter der Decke, dass sie ratzfatz schwitzen 🥵
Ich habe daher zu einem Hilfsmittel gegriffen: Ein Deckenthermometer 🌡️. Das Thermometer kommt unter die Decke (in Nähe der Flanke) und kostet keine 10 Euro. Ich habe mir daher gleich mehrere bestellt und eins an die Raufen gehängt. So kann ich per Bluetooth nicht nur live checken, wenn zB die Sonne raus kommt, ob es Byron plötzlich zu warm wird, sondern auch nachträglich die Nacht oder den Tag analysieren 📉, wie warm es Byron bei welchen Außentemperaturen bei welcher Wattierung hatte (mehr dazu im nächsten Beitrag).
Mit der Zeit weißt du: Wann dein Pferd anfängt zu schwitzen oder gezielt den Schatten aufsucht, weil es ihm zu warm ist. Aller spätestens dann solltest du Umgedecken❗️Nach unten in der Skala wirst du auch ratzfatz Werte finden, ab wann dein Pferd zB entspannter , nicht mehr berührungsempfindlich, lauffreudiger oä ist.
Es gibt noch weitere Möglichkeiten, es herauszufinden finden wie zB durch Tierkommunikation oder energetisch, aber per Thermometer ist es für die meisten am einfachsten in der Handhabung 😉
Ich möchte nun noch von meiner ganz persönlichen Erfahrungen der letzten Wochen berichten und möchte daher darauf hinweisen, dass es eine ganz subjektive Darstellung ist und du dein Pferd, deine Situation und dein Bauchgefühl immer individuell betrachten musst!
Hierfür habe ich über ziemlich genau 5 Wochen die Daten der Außentemperatur und unter der Decke analysiert und mit Byrons körperlichem sowie mentalen Verhalten verglichen. Wir hatten in der Zeit Temperaturen von -6 bis 17 Grad und Decken mit einer Wattierung von 0g bis 550g.
Wenn ihr oben zu Seite swiped seht ihr zwei Darstellungen mit einer Auflistung, ab wann ich mich für welche Decke bei welcher Außentemperatur entscheide. Dabei habe ich bei fast allen Decken das selbe Amigo-Modell von Horseware und kann ich noch ein Halsteil dran machen. Lediglich die 0g Decke ist eine Walkerdecke und nutze ich ganz selten in der Übergangszeit.
Da wir i. d. R. immer einen kalten Wind haben, brauche ich auch nur eine Skala. Regen oder Nässe fällt bei Byron tatsächlich nicht so in Gewicht. Dann mach eich ihm eher mal ein Halsteil drauf, anstatt dicker einzudecken. Bei Sonne schaue ich „einfach“ auf das Thermometer und decke ihn auch mal stundenweise aus.
🩵 Kälter als 22 °C hatten wir es noch nicht unter der Decke und außer dass er dann etwas mehr verstänkert ist. Merke ich keine Veränderungen.
Geister und Explosionen im Gelände sind trotzdem an der Tagesordnung 🤷🏻♀️
💚 Byrons Wohlfühltemperatur zw. 24 °C und 28 °C . Bei 24-26 °C ist Byron motiviert, gut drauf und ein Quatschkopf. So wie ich das mag und ihn kenne.
💛 Habe ich ihn eher zw. 26 °C und 28 °C eingedeckt, dass ich er gemütlich und eher unmotiviert.
🧡 Bis 34 °C hält er es noch gut unter der Decke aus und schwitzt nicht.
❤️ Bei 37 °C kommt sein Kreislauf ins Strudeln und er muss den Schatten aufsuchen. Geschwitzt hat er trotzdem noch nicht.
Viele MIM-Pferde mögen es eher wärmer so zw. 28 °C und 31 °C . Teilweise können manche Pferde mit der Variante P2 sogar kaum noch laufen, wenn es mal Kälter unter der Decke ist. Bei P8-ler ist auffällig, dass sie bei Kälte schneller Muskulatur abbauen als andere Varianten. Häufig wird auch beobachtet, dass Pferde die schnell abbauen wie zB Vollblüter oder Ältere, bei längere Zeit < 23 °C unter der Decke das Gewicht nicht halten können.
Zum Abschluss noch ein paar wichtige Facts:
⚠️ DEIN PFERD entscheidet! Welches Modell, welche Dicke und mit / ohne Halsteil! Du musst nur sehr genau beobachten und auf dein Bauchgefühl hören. Jedes Pferd hat ein eigenes Temperaturempfinden und somit seine eigene Wohlfühltemperatur.
⚠️ Achte auf eine sehr gute Passform! Die Decke sollte vor dem Widerrist sitzen und trotzdem genügend Platz an der Brust bieten. Rutscht die Decke auf den Widerrist kann es shcnell zu Blockadem im rumpf kommen. Außerdem vermeide Fleece, sondern wähle eher eine Wattierung ab 50g. Denn das Fleece verhindert das Gleiten der Decke gegen den Strich - also nach vorne - und belibt so hinten "stecken".
⚠️ Du solltest auf jeden Fall beachten, wenn du dein Pferd mehrere Wochen dauerhaft eingedeckt hast, solltest du es so lange weiterhin eindecken, bis die Außentemperaturen hoch genug sind, dass dein Pferd ohne aufgestelltem Fell nicht friert. Denn durch das dauerhafte Gewicht der Decke ist der Haarbalgmuskel (der das Fell zur Isolation aufstellt) nicht mehr aktiv. Deswegen braucht zum Beispiel dein Pferd im Herbst bei 8°C noch keine Decke, aber später schon bei 10°C. Deckst du dein Pferd aber nur bei besonderen Kältespitzen punktuell für ein paar Tage oder Stunden ein, ist das i.d.R. kein Problem!
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